Dr. med. Michael Müller

DIABETOMOBIL

DIABETOMOBIL: mobile fachärztlich-diabetologische Betreuung von älteren Menschen zu Hause und im Pflegeheim

Projektleiter: Dr. med. Michael Müller, Diabetes- und Hormonzentrum Fünf Höfe, Diabetes-Schwerpunktpraxis, München

Diabetologische Schwerpunktpraxis auf Rädern

Hohe Blutzuckerwerte und eine schlechte Einstellung werden häufig von Menschen mit Diabetes mellitus nicht wahrgenommen, daraus resultierende Folgeerkrankungen durch Behandelnde mitunter nicht oder zu spät bemerkt.

Wenn Patienten, die die Betreuung eines diabetologisch besonders qualifizierten Arztes in der Diabetes-Schwerpunktpraxis benötigen, die Praxis aufgrund von körperlichen Gebrechen oder schweren anderen Erkrankungen nicht mehr aufsuchen können, kann eine Behandlungslücke entstehen. Komplizierte, aber meist notwendige Therapien (z. B. mit Insulin) müssten weitergeführt werden, um eine Verschlechterung von Folgeerkrankungen oder die Entwicklung schwerer Diabeteskomplikationen zu verhindern. Oftmals erfolgt jedoch die Einweisung in eine Klinik, in der die Patienten nur eine Grundversorgung erhalten, aber mangels flächendeckender diabetologischer Spezialabteilungen keine diabetologische Fachbehandlung.

Mobil die Weiterversorgung des Patienten gewährleisten

Das DIABETOMOBIL schließt die Lücke zwischen der ambulanten und der stationären fachärztlich-diabetologischen Behandlung und unterstützt den Hausarzt bei der Betreuung nicht mobiler Patienten in häuslicher Pflege oder in Alten- und Pflegeheimen. Hierfür stehen in einem speziell ausgestatteten Auto neben dem fachärztlich-diabetologischem Know-how alle Diagnostik- und Therapiestrukturen einer diabetologischen Schwerpunktpraxis zur Verfügung – so ist das telemedizinisch mit der Praxis vernetzte Fahrzeug zum Beispiel auch mit einem mobilen Laborgerät, einem Dopplergerät und einem EKG ausgestattet.

Ein Ziel des Projektes „DIABETOMOBIL“ ist somit auch die Vermeidung kostenintensiver stationärer Aufenthalte, insbesondere mit der Gefahr der Entwicklung nosokomialer Infektionen und die Idee, den Patienten in der gewohnten häuslichen Umgebung zu belassen. Die Anmeldung der Patienten erfolgt per Überweisung auf Empfehlung des Hausarztes gemäß den DMP-Richtlinien, Einsatzgebiet ist das Stadtgebiet München.

Das Projekt wird mit einem Preisgeld in Höhe von 12.500 EUR unterstützt.

DIABETOMOBIL

Interview mit dem Preisträger

Herr Dr. Müller, wie kam Ihnen die Idee zum Diabetomobil?

Das war 2013, als es zwei meiner Patienten altersbedingt schlechter gegangen ist und sie aufgrund von Bewegungseinschränkung nicht mehr zu uns in die Schwerpunktpraxis kommen konnten. Beides waren Patienten mit komplexen Insulintherapien, die wir wegen eines diabetischen Fußsyndroms und anderer Folgeerkrankungen über viele Jahre betreut haben.

Beide kamen in ein Pflegeheim, wo aber laut der Angehörigen die Versorgung nicht so gut war. Bei der einen Patientin ist dann tatsächlich der Fuß sukzessive amputiert worden, für den wir zuvor über Jahre hinweg gekämpft haben. Da dachte ich: Das muss auch anders gehen! Ich würde diese Patienten trotzdem gern weiter fachärztlich betreuen.

Welche waren die ersten Schritte von der Idee bis zum heutigen Einsatz des Diabetomobils?

Das Grundkonzept der Hausbesuche war schnell entwickelt, weil die diabetologischen Grundstrukturen vorhanden waren, ich musste nur noch überlegen, wie ich es umsetze. Dafür musste ich zum Beispiel ein Auto kaufen, mit der KV Rücksprache halten und den Personaleinsatz organisieren.

Welche Menschen profitieren denn besonders vom Diabetomobil?

Unser Angebot richtet sich vor allem an ältere Patienten mit komplexer Insulintherapie, die nicht mehr in die diabetologische Schwerpunktpraxis kommen können – vornehmlich aufgrund chronischer Gebrechen oder aber auch aufgrund einer vorübergehenden Erkrankung wie eines gebrochenen Beines oder einer Infektion. Diese Patienten besuchen wir dann und führen die Diabetestherapie weiter.

Dabei sehen wir uns nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zum Hausarzt und stehen konsiliarisch jederzeit zur Verfügung.

Wie läuft die Versorgung konkret ab?

Der Hausarzt beauftragt uns, indem er den Patienten an uns überweist. Wir werden also nicht selbst aktiv, sondern stehen sozusagen für den Raum München auf Abruf bereit. Wir sind aber kein diabetologischer Notarzt, sondern wir bieten langfristige diabetologische Betreuung und besuchen die Patienten quartalsweise.

Dafür reservieren wir uns einen Teil der Sprechstundenzeit, je nach Bedarf einmal in der Woche oder einmal alle zwei Wochen. Vor Ort führen wir eine ganz normale Diabetesuntersuchung durch, wie wir sie auch in unserer Praxis machen würden. Hierfür stehen im DIABETOMOBIL neben dem fachärztlichen Know-how alle Diagnostik- und Therapiestrukturen einer diabetologischen Schwerpunktpraxis zur Verfügung. So ist das telemedizinisch mit der Praxis vernetzte Auto zum Beispiel mit einem mobilen Laborgerät, einem Dopplergerät und einem EKG ausgestattet.

Darüber hinaus befragen wir die Patienten, soweit das möglich ist, die Angehörigen oder den Pflegedienst, der oft auch vor Ort ist. Dann geben wir Empfehlungen zur Weiterführung der Therapie.

Wie ist das Feedback?

Wir bekommen sehr positives Feedback: Die Patienten sind natürlich froh, weiter fachärztlich diabetologisch versorgt zu werden, es gab praktisch keine Patienten, die nicht eine Verbesserung der Einstellung bekommen über die Jahre.

Hausärzte sind von diabetesspezifischen Problemen entlastet und der Pflegedienst schätzt uns als Ansprechpartner für spezifische Diabetesfragen, wie etwa Unterzuckerungen oder bei Fußversorgungen. Hierzu kann er uns beispielsweise auch ein Foto per E-Mail schicken und den Patienten anhand unserer Empfehlung selbst weiter betreuen.

Wie schätzen Sie die digitale Affinität Ihrer Patienten ein?

Meiner Erfahrung nach sind Patienten, die ein Smartphone haben – und das sind heute doch sehr viele, auch ältere Patienten –, sehr aufgeschlossen. Wer weiß, wie ein Smartphone funktioniert, hat auch kein Problem damit, den Blutzucker damit zu übermitteln, denn das geht dann weitgehend automatisch. Notfalls kann das dann auch der Angehörige oder der Mitarbeiter des Pflegedienstes leisten.

Man erkennt meist recht schnell, wie man die weitere Versorgung auch technisch planen kann.

Wie finanzieren Sie das Diabetomobil?

Zur Finanzierung nutzen wir zunächst die vorhandenen Versorgungs- und Vergütungsstrukturen (EBM, GoÄ, DMP-Pauschalen, Hausbesuchsvergütung). Idealerweise nehmen die Patienten an dem DMP Diabetes teil, denn ohne DMP-Einschreibung und die damit verbundenen Gelder wird eine Finanzierung schwierig, da ein normaler Hausbesuch nicht kostendeckend ist.

Was bedeutet Ihnen die SilverStar-Auszeichnung persönlich?

Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung und die damit verbundene Wertschätzung unseres Engagements – und auch darüber, dass gesehen wird, dass es sinnvoll ist, über den Tellerrand zu schauen. Wir sind ja alle oft in die starren Versorgungsstrukturen reingepresst und haben wenig Zeit, mal etwas Neues zu machen.

Wofür werden Sie das Preisgeld verwenden?

Zum einen werden wir das Geld für die Deckung der laufenden Kosten verwenden sowie zur Entwicklung von Schulungsmaßnahmen für Angehörige und Pflegedienstmitarbeiter.

Darüber hinaus möchten wir uns technisch weiterentwickeln und noch ein tragbares Ultraschallgerät anschaffen sowie eventuell auf ein Elektro-Auto umsatteln, damit wir umweltbewusster unterwegs sind.

Ansprechpartner Projekt

Dr. med. Michael Müller

E-Mail: mm@diabetes-muenchen.de