v.l.n.r.: Thorsten Szczepanski, Dr. med. Dr. Univ. Rom. Andrej Zeyfang, Prof. Dr. med. Peter R. Mertens; Fotograf: Tobias Schneider, Berlin

Intelligente Schuhsohle zur Früherkennung

Projektleiter: Prof. Dr. med. Peter R. Mertens
Universitätsklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Diabetologie und Endokrinologie, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg

Menschen mit schwerer Diabetischer Neuropathie nehmen Engegefühl, Druck oder auch Schmerzen am Fuß häufig nicht mehr wahr. Kommt es unbemerkt zu Druckstellen, kann das die Entstehung eines Diabetischen Fußes begünstigen. „Der Schaden ist immens und das klinische Bild eines Diabetischen Fußes überwältigend“, erläutert Prof. Dr. med. Peter R. Mertens von der Universitätsklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Diabetologie und Endokrinologie in Magdeburg. Dass es bisher keine adäquate Lösung zur Prävention und Früherkennung von Druckstellen und Ulzerationen gab, motivierte den Diabetologen aktiv zu werden. Gemeinsam mit einem interdisziplinären Team aus Diabetologen, IT-Experten, Orthopädischen Schuhmachern und Ingenieuren entwickelte Mertens eine intelligente Einlegesohle, die für den Patienten das Fühlen übernimmt. Die Sohle soll dazu beitragen, Druckstellen und entzündliche Fußveränderungen zu vermeiden.

Künstliche Nerven für den Fuß

Die mit Druck- und Temperatursensoren ausgestattete Schuhsohle signalisiert über eine Smartphone-Applikation, wenn die Füße schlecht durchblutet sind. Die Patientin bzw. der Patient wird auf diese Weise aufgefordert, sich zu bewegen, um die Durchblutung in den Füßen wieder zu steigern. „Mit der intelligenten Schuhsohle haben wir die Möglichkeit, dem Patienten sozusagen künstliche Nerven für den Fuß zu geben“, veranschaulicht Mertens. „Wir wissen, dass erhöhter Druck über längere Zeit eine Minderdurchblutung auslöst und die Hauttemperatur an dieser Stelle sinkt.“ Etwa fünf bis sieben Tage bevor ein Geschwür entsteht, steige die Temperatur in dem Bereich um etwa vier bis fünf Grad an, erklärt der Diabetologe.

Leidet der Fuß, dann warnt die App

Die intelligenten Einlegesohlen sind mit acht Druck- und Temperatursensoren und einer Elektronik zur Verarbeitung der Messwerte ausgestattet. Sind die Füße gut durchblutet, werden auf dem Smartphone die jeweiligen Messpunkten in grün angezeigt. Bei steigendem Druck – und damit sinkender Hauttemperatur – werden die Punkte erst gelb, bevor sie dann auf Rot wechseln und ein Warnsignal ausgelöst wird. In einer Studie mit Prototypen der Einlegesohle konnte Mertens gemeinsam mit seinem Team zeigen, dass die Temperaturveränderungen unabhängig von der Umgebungstemperatur bei Belastung nachweisbar sind.

Diabetischer Fuß lässt sich frühzeitig verhindern

Sollte eine steigende Temperatur auf die Entstehung einer Ulzeration hinweisen, wird der Patient ebenfalls gewarnt. „In einer amerikanischen Studie1 konnten durch die Messung der lokalen Hauttemperatur etwa zwei Drittel aller Ulzera vermieden werden“, so Mertens. „Mit Hilfe der intelligenten Schuhsohle lässt sich frühzeitig erkennen, ob ein Geschwür entsteht. Die App soll den Patienten auffordern, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen und seinen Arzt aufzusuchen.“

Innovativ und praxisnah für mehr Lebensqualität

In weiterführenden Studien soll die App nun weiterentwickelt und die Einlegesohle bei Menschen mit schwerer Diabetischer Neuropathie über einen längeren Zeitraum unter Alltagsbedingungen getestet werden. „Die intelligente Sohle stellt eine innovative Entwicklung dar, die praxisnah gerade für ältere Diabetiker mit Neuropathie einen wichtigen Fortschritt darstellen kann“, betont Mertens. „Hierdurch könnten Krankenhausaufenthalte und Amputationen vermieden werden. Für die Betroffenen könnte die Einlegesohle eine interessante Frühinformation liefern, die die Lebensqualität verbessert.“

„Das Projekt berücksichtigt gleich mehrere Kriterien, die im Fokus des SilverStar-Förderpreises stehen: es ist absolut innovativ, eine pfiffige Erfindung, nachhaltig und wird zudem auch wissenschaftlich evaluiert“, lobt Jurymitglied Dr. med. Dr. Univ. Rom Andrej Zeyfang. „Für Patientinnen und Patienten, aber natürlich auch für das medizinische Personal wäre die intelligente Schuhsohle eine große Unterstützung im Alltag.“

Das Preisgeld von 8.333 Euro soll für die geplanten Studien eingesetzt werden. „Damit können wir die Einlegesohlen individuell für jeden Teilnehmer anfertigen lassen“, freut sich Mertens.

Quelle:

1. Armstrong DG et al. Skin Temperature Monitoring Reduces the Risk for Diabetic Foot Ulceration in High-risk Patients. American Journal of Medicine (2007) 120, 1042-1046

Ansprechpartner Projekt:

Prof. Dr. med. Peter R. Mertens
Tel.: 0391-67-13236
E-Mail: peter.mertens@med.ovgu.de